Dem Streamingdienst Twitch ist etwas gelungen, von dem Youtube nach wie vor nur träumen kann. Bei der Gamer Community gilt Twitch als absolute Nummer eins. Würde man dieses Phänomen auf den Massensport übertragen, könnte man sagen die Gaming Welt hat Ihre eigene Konferenzschaltung erhalten. Immer mehr Menschen finden Gefallen daran, anderen beim Spielen zuzusehen, anstatt selbst zu spielen.
Gegründet wurde Twitch im Jahr 2011 von Justin Kann. Der Yale Absolvent gründete zunächst das Streaming Portal „Justin.Tv“, welches Menschen mit unterschiedlichsten Ideen ermöglichte, Live Videos zu senden und sich der Welt zu zeigen.
Die Bekanntheit und der Erfolg der Plattform wuchsen enorm schnell an und immer mehr Gamer wurden auf den Dienst aufmerksam. Da 2011 ein Großteil der Nutzer aus Gamern bestand, entschloss man sich, Twitch als Plattform zu gründen, auf der sich alles rund um das Thema Gaming dreht.
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Twitch erwies sich als derart erfolgreich, dass die „Mutter–Plattform“ Justin.Tv im Jahr 2014 seine Dienste eingestellt hat. Auch wenn das Thema Gaming nach wie vor die Nummer Eins ist und vermutlich auch bleiben wird, finden sich viele weitere Themenbereiche auf der Plattform. Ein bekannter Kanal ist der des selbsternannten Twitch König´s Knossi. Außer den Streams von seinen Online-Casino-Spielen, veranstaltet er in regelmäßigen Abständen die unterschiedlichsten Events, die live gestreamt werden.
Nicht zuletzt wegen der prominenten Unterstützung, z.B. von Sido und Pietro Lombardi, knackt Jens „Knossi“ Knossalla immer wieder die Rekorde der Zuschauerzahl auf der Plattform. Dies gelang zuletzt mit dem „Horrorcamp”. Bei diesem Live Event hatten die Zuschauer die Möglichkeit, direkt in das Geschehen einzugreifen. Die bekanntesten Gamer sind alle bei Twitch vertreten. Das ist einer der großen Vorteile, die Twitch gegenüber seinen Mitbewerbern hat. Spezielle Events, wie das erwähnte „Horrorcamp”, können ausschließlich auf dieser Plattform verfolgt werden. Da die Werbung im Vorfeld natürlich in den sozialen Netzwerken stark angetrieben wird, vor allem von teilnehmenden Prominenten in beispielsweise Instagram Stories, locken allein diese Special Events sehr viele neue Abonnenten an.
Die Kosten für ein Twitch Abo, beziehungsweise das Abonnieren eines Wunsch-Channels, kostet derzeit 5 Euro pro Monat. Teurer (+40%) wird es, wenn ich den Dienst über das iPhone nutzen möchte.
Und dann kam Amazon
Seinen Wettbewerbsvorteil konnte Twitch im Jahr 2014 durch einen Mega-Deal untermauern. Amazon kaufte die Plattform für unglaubliche 970 Millionen US-Dollar. Diese Summe macht vor allem eins deutlich: Amazon weiß, dass die Plattform eine wahre Goldgrube ist und diesen Preis mehr als wert ist. Auch Google war am Kauf interessiert. Warum gerade Amazon den Zuschlag erhielt? Wie Twitch CEO Emmet Shear in einem offenen Brief erklärte, fiel die Wahl letztendlich auf Amazon „weil sie an unsere Community glauben. Sie schätzen uns und teilen unsere langfristigen Visionen.“
Vor allem für frühe Investoren machte sich dieser Deal mehr als bezahlt. Ist man früh für verhältnismäßig kleines Geld in die Firma eingestiegen, konnte man davon nun mehr als profitieren. Einen nennenswerten Investor stellt hier das Y Creator Gründungsunternehmen dar. Sie investierten in der Gründungsphase 50.000 US-Dollar und konnten den Tag der Übernahme durch Amazon, für sich als großen Zahltag markieren.
Seine marktführende Position kann sich Amazon mit dem Angebot von Prime Gaming (vorher „Twitch Prime“) sichern. Den Usern bietet sich hier, ähnlich wie bei Amazon Prime die Möglichkeit, Vorteile im Vergleich zum normalen Abo zu erhalten. Diese Vorteile reichen bis zu kompletten Videospielen, die für die Prime Gamer gratis zur Verfügung stehen, sowie In-Game Inhalte, die den „normalen“ Nutzern verborgen bleiben.
Bezahlen für Aufmerksamkeit
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Die Personengruppe, von denen Streamer die meisten Spenden erhalten, sind junge User. Meist verfügen diese, aufgrund ihres Alters, über ein noch niedriges Einkommen. Warum also schickt man jemandem Geld, von dem bekannt ist, dass er durch die Plattform bereits reich geworden ist? Die monatlichen Einnahmen liegen bei vielen Streamern bei bis zu 500.00 US Dollar, wie der Fortnite Spieler „Ninja“ gegenüber CNBC bestätigte. Bedeutet: Keiner der wirklich erfolgreichen Streamer hat auch nur eine einzige Spende nötig.
Warum wird dennoch gespendet?
Die meisten Spender erhoffen sich, dass der Streamer sie im Live-Stream erwähnt. Dies gilt allein der Aufmerksamkeit. Um diese zu erhalten, steigern manche Nutze ihre Spenden so lange, bis die Nennung erfolgt. Natürlich ist den Streamern das mehr als bewusst und so werden niedrige Spenden oft erstmal „übersehen“.
Spender möchten ihren „Idolen“ für deren Arbeit danken
und durch die Spende sicher stellen, dass es weiterhin Content gibt. Vereinzelt
gibt es für Spender eine Art Belohnung. Das ist aber eher die Ausnahme.
Eine einseitige Beziehung
Jedoch gibt es auch unzählige User, die ganz offen zugeben, dass Twitch ihnen in ihrem Alltag helfe. Was für Außenstehende schwer nachvollziehbar ist, wird häufig damit begründet, dass das Gefühl von Einsamkeit gelindert wird. Oft wird auch als Rechtfertigung erwähnt, dass das Ansehen der Streams zur Entspannung verhilft.
Hier stellt sich natürlich die Frage: Ist das den Streamern bewusst? Und wenn ja, interessiert es sie, welche Art Verantwortung sie gegenüber ihren Zuschauern tragen? Die Antwort lautet in den meisten Fällen: Eindeutig nicht! In manchen Fällen ist sogar das Gegenteil der Fall. „Du bist ein Loser. Du spendest Geld an jemanden, der mehr verdient als deine Eltern zusammen!“ Diesen Satz musste sich ein Abonnent des bekannten League of Legends Streamers Tyler Steinkamp anhören. Er hat ihn nach einer Spende mehrfach darum gebeten, seinen Namen im Live-Stream zu erwähnen. Dies ist nur eine Beleidigungen von vielen, die häufig weit unter die Gürtellinie gehen. Und die Streamer adressieren diese, wie bereits erwähnt, an hauptsächlich sehr junge Menschen, die ihr Taschengeld an sie weiterleiten.
Was daran aber wirklich verwundert, ist die Tatsache, dass auch Streamer, die ihre User auf so eine Art behandeln, keine Angst vor einem Karriereende auf Twitch haben müssen. Obwohl jeder Teilnehmer im Stream die teils harten Angriffe sehen kann, wird weiter gespendet.
Twitch gelingt, was sich Verlage wünschen
Twitch
hat etwas geschafft, von dem die meisten Verlage nur träumen können. Ein
erfolgreiches Paid-Content Modell, das funktioniert. Und das auch noch auf
freiwilliger Basis.
In Deutschland gibt es 336 lokale und regionale Abonnementzeitungen mit einer Auflage von 12,6 Millionen. Immer häufiger wird das Angebot für ein digitales Abo angeboten. Dies allerdings meist mit mäßigem Erfolg, da es oft nicht gelingt, Kunden über den gratis Probemonat hinaus zu halten.
Eine Ausnahme ist hier sicher der Berliner Axel Springer Verlag. Mit den Angeboten Bild+ und Welt+ konnten bisher mehr als eine halbe Millionen Nutzer von einem langfristigen Abo überzeugt werden. Abonnenten sind bereit, bis zu 12,99€ (19,99 inkl. iPad) zu zahlen, um uneingeschränkten Zugriff auf alle Artikel zu erhalten.
Letztendlich
bezahlen die Zuschauer für gestreamte Inhalte Geld. Entweder über Abos oder
über Spenden. Die Höhe der Spenden ist frei wählbar. Dieses Modell gibt es
nicht nur bei Twitch, aber feststeht, dass die Creator für Inhalte Geld
erhalten. Nach so einem Modell, mit dem man für digitale Inhalt Geld verdient,
haben Verlage lange gesucht und die Mehrzahl sucht noch
heute.
Müssen Steuern gezahlt werden?
Auch wenn der Beruf des „Streamers“ sicher unter die neuen Jobs unserer Zeit fällt, handelt es sich hier im klassischen Sinn um eine selbstständige Tätigkeit. Somit gilt, dass die Einkommenssteuer fällig wird. Jeder Streamer, der mit seinen Live-Videos Einnahmen generiert, muss dies dem zuständigen Finanzamt melden. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um angemeldetes Gewerbe oder um freiberufliche Arbeit handelt. Als Einnahmen gelten: Affiliate Umsätze, der Umsatz aus Abos der User und auch die Spenden der Abonnenten an den Streamer.
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Nach dem Einkommenssteuergesetz sind Spenden ausschließlich für Vereine oder gemeinnützige Verbände steuerfrei. Da dies aber nicht für Spenden in Verbindung mit einer freiwillig erbrachten Dienstleistung gilt, wie eben hier dem Online Streaming, sind die Einnahmen komplett zu versteuern. Auch das Argument vieler Streamer, es handle sich nur um ein Trinkgeld der Zuschauer, greift hier nicht. Dies gilt ausschließlich für Arbeitnehmer:innen wie beispielsweise Kellner:innen und nicht für selbstständig Tätige, egal in welchem Bereich.
Erfüllt man jedoch die Voraussetzungen für die Kleinunternehmerregelung, kann die Umsatzsteuer eingespart werden. Hierfür darf eine Einkommensgrenze von jährlich 20.000 Euro nicht überschritten werden. Für die wirklich erfolgreichen Streamer, die weitaus mehr Einnahmen haben, greift dies natürlich nicht und die Steuer ist vollumfänglich zu entrichten. Gegebenenfalls wird die Umsatzsteuer auch in anderen Ländern fällig.
Fazit
Es wird deutlich, dass immer mehr, vor allem junge Menschen bereit sind, für Content zu zahlen, wie er bei Twitch angeboten wird. Ob sich dieses, für viele dennoch fragwürdige System so weiterführen und eventuell auch auf andere Branchen übertragen lässt, wird uns die Zukunft zeigen.
Ab sofort findest Du alle Themen rund um die Digitalisierung unter https://www.liquam.com/news/ und in unserem neuen Podcast „Schlaflos dank Seattle” sprechen wir über aktuelle Entwicklungen und mögliche Bedrohungsszenarien, die CEOs auf der Agenda haben sollten.
Weitere Informationen zu unserer Podcast-Produktion findest Du unter http://25r-media.com/